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Backes_zu_Hahn Die Geschichte der Gemeinde

Hahn im Taunus

von seinen Anfängen bis zur Stadtgründung Taunusstein 1971






Pension_Jaegerheim Eiserne_Hand Aarstrasse












Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648)
Über Hahn in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges liegen keine Unterlagen vor.

Das Obere Aartal und somit der Wehener Grund waren allein wegen seiner geografischen Lage ein Durchzugsgebiet zu den strategisch wichtigen Regionen Deutschlands.

Von daher dürfte die Situation im gesamten Wehener Grund und das Leiden der Bevölkerung überall gleich gewesen sein.






Die Jahre 1618 - 1623

Der lang erwartete und gefürchtete große Krieg war da. Nun hieß es für den Wetterauer Grafenverein (auch Wetterauisches Reichsgrafenkollegium oder Wetterauer Grafenbank genannt war ein Zusammenschluss gräflicher Häuser aus dem bereich der Wetterau und benachbarter Gebiete) sich entweder für die eine Seite zu entscheiden oder die vorgesehene Neutralität noch zu halten. 1619 entschloss er sich, auf die Seite der Union zu treten. Bei der Beschlussfassung herrschte keine Einigkeit. Graf Ludwig von Nassau-Idstein-Wiesbaden, dem der Wehener Grund zugefallen war, zog die strikte Neutralität vor. Er sah aber, wie die anderen Grafen, ein, dass trotz Neutralität die Durchmärsche durch ihre Gebiete nicht zu umgehen seien, besonders da Maximilian von Bayern 3.000 Mann zu Fuß und 600 Reiter in Westfalen warb. Trotzdem hielt Graf Ludwig die Neutralität für besser. Der Ausschuss war ausgebildet und stand bereit, war jedoch viel zu Schwach, um größere Truppenmassen abzuwehren. Schnell wurde der ganze Ausschuss mit Ober- und Untergewehr versehen.

Der ängstlich beachteten Neutralität durch den Grafen Ludwig stand die Kriegsstimmung im Wehener Grund entgegen. Im ganzen Grund wartete man auf den Tag, an dem man sich gegen die jesuitischen Übergriffe wehren konnte. Besondere Freude löste die Nachricht aus, dass Graf Johann der Jüngere von Nassau-Siegen sich aktiv auf die Seite Friedrichs V. von der Pfalz stellte und Oberkommandierender der pfälzischen Truppen wurde.

Doch dieser Kriegsrausch im Wehener Grund verschwand bald, als bekannt wurde, wie die ligistischen Söldner auf dem Durchmarsch durch nassauische Länder hausten. Es gab zwar den strengen Befehl, nicht zu plündern, Dieser wurde jedoch nicht eingehalten.

Im Jahre 1620 zog der ligistische General Anholt mit seinen Truppen von Nassau über Katzenelnbogen nach Idstein und Eppstein. Dabei wurde der Wehener Grund durchquert. Die anfängliche Kriegseuphorie war in der Zwischenzeit in Kriegsangst umgeschlagen. hatte man doch erkannt, wie sehr die Bevölkerung unter dem Durchmärschen zu leiden hatte. Hinzu kamen noch andere Widrigkeiten, wie mehrere Erdbeben im Jahre 1620.

Ende 1620 versetzte die Nachricht, dass ein spanisches Heer unter dem Feldherrn Spinola im Anzug sei und den Krieg in den Wehener Grund zu tragen beabsichtigte, die Bevölkerung in große Aufregung. Spinola hatte in Engers (Koblenz) den Rhein überquert und beabsichtigte nach Frankfurt zu ziehen. Spinola zog mit seinen Truppen über Limburg und dem Mensfeldener Kopf in den Wehener Grund. Hier (in der Region Bleidenstadt, Hahn, Wehen) trennte er sein Heer in zwei Abteilungen. Die eine sollte über Idstein, die andere über Wiesbaden nach Frankfurt ziehen. Die Bevölkerung staunten über das große, gut ausgerüstete spanische Heer, das 16 große Geschütze und 1.000 wagen Munition mitführte. Jedes Geschütz wurde von 15 Pferden gezogen. Um die Soldaten zu befriedigen mussten ihnen Rinder, Schweine und zahllose Lebensmittel reichlich geliefert werden. Den Offizieren, die sich im Wehener Schloss der Elisabeth Gräfin von Nassau-Saarbrücken (1579-1655) einquartierten, wurden die schönsten Forellen und Krebse kredenzt. Der aufkommende Widerstand in der Bevölkerung wurde mit Schlägen, Fußtritten und verstärkter Plünderung ihrer Habe quittiert.

Hinzu kamen noch die hohen Summen Kriegskosten, die ihnen Spinola als Bestrafung wegen des Widerstandes auferlegte.

Graf Ludwig war gegen das Auftreten Spinolas machtlos. Auch seine Neutralität nutzte ihm gar nichts. Dazu kam, dass seine Landesbewohner protestantisch waren und die katholische Besatzung schon deshalb keine Rücksicht nahm. Da entschloss er sich, seine Neutralität aufzugeben, den Erzkatholiken Spinola zu versöhnen, indem er seinen Sohn Philipp als Leutnant in Spinolas Heer eintreten ließ. Unerwartet kam der Durchzug der spanischen Truppen inss Stocken. Die spanischen Truppen ließen sich rund um den Wehener Grund nieder. Eppstein, Königstein, Falkenstein, Reifenberg, Burgschwalbach und Hohenstein waren ihre Stützpunkte. Diese Burgen mussten mit Proviant versorgt werden, der überwiegend aus dem Wehener Grund kam. Zwischen den Stützpunkten kam es immer wieder zu Truppenbewegungen, die einen Anstieg der Plünderungen zu Folge hatten.

In der Zwischenzeit war der ligistische General Tilly den flüchtenden Protestanten nachgeeilt und besetzte im November 1621 den Taunus und die Wetterau. Die Abteilungen seines Heeres, die in den Ämtern Idstein, Wehen, Wiesbaden und Usingen lagerten, sollten das von den Protestanten gehaltene Eppstein erobern. Acht Monate lang blieben die katholischen Soldaten in ihren Quartieren. In Wehen und Hahn lag der Hauptmann Nassau mit seiner Infanterie. Allein in Wehen lagerten 500 Mann. Graf Ludwig musste natürlich für die Verköstigung der Truppen 20.000 Gulden aufbringen. Die dauernden Lieferungen an Tillys Heer, die mit äußerster Strenge eingetrieben wurden, brachte die Bewohner Wehens und seines Grundes zum ersten Male in diesem Kriege die gefürchtete Hungersnot. Allenthalben im Wehener Grund brach der Hungertyphus aus, dem man die "Spanische Schwachheit" nannte. Die Menschen gingen dabei langsam und elend zugrunde.

Nachdem sich im Norden Deutschlands Dänemark in den Krieg eingriff, zog Tilly mit seinen Truppen in Richtung Norden weiter. Der Wehener Grund war nun bis August 1623 frei von Truppen. Tilly schickte im August 1623 den Generalmajor Adam von Herbersdorff voraus, der im Taunus bis nach Gießen hin neue Truppen werden sollte. Manch junger Bauernbursche, dem das Kriegshandwerk ein schöneres und auskömmlicheres Leben versprach, wurde trotz seines evangelischen Glaubens ligistischer Soldat. Nichts außergewöhnliches zu dieser Zeit, spielte doch im Soldatenleben die Religion keine Rolle. Wer am meisten besoldete hatten den größten Zulauf. Wer am meisten plündern ließ, war als Feldherr am beliebtesten. Weil Tillys Truppen plündern durften, man hatte es ja bei ihrem Abzug aim April 1622 erlebt, wie sie am Tage vor dem Abmarsch das ganze Städtchen Wehen von den Kellern bis zu den Speichern ausraubten, war er in den Augen vieler kriegslüsterner Burschen der gegebene Mann. "Der Krieg muss den Krieg ernähren." Die gut ausgerüsteten Soldaten, gegen die die Landbevölkerung hilflos war, ließen es sich im Wehener Grund und in ganz Nassau auf Kosten der Bevölkerung gut gehen. Erst im November 1923 kam Tilly mit seinem Heer in unsere Gegend. Herzog Albrecht von Sachsen-Laurenburg und seine Scharen lagerten damals in Wehen und Hahn. Des Feldherrn Vetter, Werner von Tillly, schlug sein Hauptquartier in Erbenheim auf. Er führte dort ein Leben in Saus und Braus, so dass das fürstliche Hofleben daneben verblasste. Es ist unglaublich, was er und seine Umgebung dort an Lebensmittel verkonsumierten. Endlose Lieferungen für Tillys Küche brachten die Bewohner des Wehener Grundes in die Hungersnot. Herzog Adolf von Sachsen-Laurenburg zog Wehen bis auf das Mark aus. Neben Lebensmittel wurden ungeheute Geldsummen erpresst. So lange noch etwas da war, konnten die Lieferungen erfolgen, als es aber knapp wurde, mussten die Städte und Dörfer Schulden machen, um anderswo die geforderten Lebensmittel zu kaufen. Es mussten für Tillys Hofhaltung in Erbenheim wöchentlich abgeliefert werden: 2 Ochsen, 14 Hammel, 14 Maß Butter, 500 Eier, 28 Hühner, 1 Fuder Wein, 2 Wagen Heu, 28 Sack Hafer, für 22 Gulden Weißbrot, Konfekt, Käse usw. Dazu kam noch sein wöchentlicher Sold von 200 Reichstalern. Für ein Cornett, der in Adolfseck lag, lieferte der Wehener Grund außerdem noch in Wochen für 820 Reichstaler Lebensmittel, bares Geld und Wein. Da er ein großer Hundeliebhaber war, beanspruchte er ein Paar Windspiele und für die Jagd drei Suchhunde. Die gewöhnlichen Soldaten verlangten neben Bier und Wein noch Leckerbisse. Der Versuch des Grafen Ludwig, bei der katholischen Ständeversammlung in Augsburg, eine Verlegung der Truppen zu erreichen, blieb erfolglos. Die Lieferungen wurden als "unabwendbare Notwendigkeit" bezeichnet.

Es war ein Glück, dass am 16. Januar 1624 der Taunus geräumt wurde. Sämtliche Truppen Tillys wurden in der Rhein-Main-Ebene zusammengezogen.

So war es in einzelnen in Wehen möglich gewesen, namhafte Geldsummen und Lebensmittel an geheimen Orten zu verbergen.

Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die in dieser Zeit zu Reichtum gekommenen Leute fast ausschließlich in Wehen, vereinzelt vielleicht auch wenige in Bleidenstadt gewohnt haben dürften. In Hahn dürfte kein Einwohner zu Wohlstand gekommen sein. Der zu dieser Zeit wohl reichste Mann, war der in Wehen wohnende herrschaftliche Koch Nikolaus Lauer, der am 25.11.1623 der Stadt Wiesbaden mit 50 Säcken Hafer für ihre Erbenheimer Lieferung ausgeholfen hat. Trotz Zusage konnte Wiesbaden allerdings seie Schulden nicht bezahlen. Gleiches gilt für Mosbach (bei Biebrich). Da Wiesbaden und Mosbach seine Schuldverschreibungen nicht einlösen konnte, wurden große Teile der liegenden und fahrbaren Habe seiner Bürger an Nikolaus Lauser verpfändet.
    

Die Jahre 1624 - 1629

Der Wehener Grund war seit Januar 1624 von Besatzungen befreit, doch hörten die Lieferungen nicht auf, denn nun kamen mehrere Regimenter auf dem Durchmarsch nach Koblenz durch Wehen. Es waren Protestantische Soldaten, die aber auch den Landbewohnern die Verpflegung abpressten. Im Januar 1624 zog Herzog Georg von Sachsen-Lauenburg über Usingen, Camberg, Idstein, Wehen nach dem Rhein. Am 16. Januar folgte ihm das Regiment Johanns des Jüngeren von Nassau-Siegen. Die Reiterei des Cratz von Scharfenstein zur am 13. Februar 1624 denselben Weg. Tilly verließ erst am 29. Oktober 1624, nachdem er ein Jahr lang die ganze Gegend ausgeplündert hatte, Erbenheim. Die Freude, ohne Besatzung zu sein, dauerte jedoch nicht lange, denn sofort rückte an Tillys Stelle der bayrische Oberst Adam Philipp von Cronberg, der auch den Wehener Grund und das übrige Nassau besetzte.

In diesem Jahr wurde der Wehener Grund von vielen Naturgewalten heimgesucht. Abnormale Witterungsverhältnisse (extreme und lang andauernde Kälteperioden mit tiefem Schnee und Hagelschlag) hatten erneut eine Hungersnot zur Folge, zumal sich Land und Leute im Wehener Grund noch nicht von den vielen Besatzungen und Durchmärschen erholt hatte. Hinzu kam, dass am 25. September sich auch noch Rittmeister König in Bleidenstadt und Umgebung mit seiner Kompanie Reiter einquartierte und die ganze Gegend aussagte. Um Plünderungen zu umgehen, wurden die Lieferungen nach Bleidenstadt mit äußerster Strenge eingetrieben.

Im Februar ließen sich zum Zwecke der Werbung 300 Mann der Schönbergischen Truppen in Wehen und Bleidenstadt nieder, die im September desselben Jahres von einer Kompanie des Hauptmannes Thomas Kunz abgelöst wurde. Die Einquartierung und Werbung im Wehener Grund versuchte der Graf Ludwig unter allen Umständen abzuwenden. Allerdings war sein Bemühen bei Wallenstein erfolglos. Der Wehener Grund musste erneut die Drangsale der Einquartierung ertragen.

Im Frühjahr 1626 hatte sich der Wallensteinische Werbeoffizier Oberst Freiherr von Görzenich in Idstein niedergelassen. Seine Scharen überfluteten die Ämter Idstein, Wehen und Wiesbaden. Für die Bewohner dieser Gegend begann nun die Leidenszeit, die sich fortgesetzt steigern sollte. Görzenich war der gefürchteste Heeresführer des ganzen Krieges.

Wo er mit seinen Scharen hinkam, wurde alles in Grund und Boden vernichtet. Er führte mit seinen Soldatenhorden ein fürstliches Leben. Dabei machte er sich auf Kosten der Bevölkerung zum reichen Mann. Um sich aber den Heeresführer Wallenstein nicht zu seinem Feinde zu machen, lieferte er einen Teil des Raubes an ihn ab. Dieser hielt viel auf Görzenich, denn er war ein vortrefflicher Führer in der Schlacht und ein hervorragender Werbeoffizier.

Kurze Zeit nach Görzenichs Abzug kamen andere Wallensteiner im September 1626 unter dem Herzog von Lauenburg in die ausgepressten Taunussorte. Auch er warb 6.000 Mann neue Truppen für Wallenstein. Seine Horden benahmen sich zwar etwas besser als Görzenichs Scharen, aber sie waren immer noch viel teuflischer als Tillys Ligaheer (Anmerkung: Katholische Liga war ein Zusammenschluss katholischer Reichsstände im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges). Das Schlimmste war, dass sie auch noch die Pest mit schleppten, die bis 1627 furchtbar wütete.

In dieser Zeit wurden vom Grundschultheißen zu Wehen nach althergebrachter Weise die Lieferungsbekanntmachungen für den ganzen Wehener Grund in Bleidenstadt vor der Kirche vorgenommen. Die Liegerungen erfolgten teilweise nach Wiesbaden und Idstein und wurden in einem Maße verlangt, dass sich die Bevölkerung "weder zu raten noch zu helfen wusste". Eines Sommers im Jahre 1627 hatte der Grundschultheiß wieder eine Kriegskontribution von 200 Gulden in Bleidenstadt bekannt gemacht. Da baten ihn die Leute händeringend, sie doch zu verschönen. Die 105 noch lebenden Einwohner des ganzen Wehener Grundes könnten unmöglich diese Summe aufbringen, zumal "sie nichts zu beißen, zu nagen und kein einziges Stück Vieh mehr hätten". Die Bitte wurde glatt abgeschlagen. Die Wallensteiner ließen keinen Gulden nach und erpressten, was nur möglich war.

Graf Ludwig, der schon längere Zeit krank war, sah dem Treiben der entmenschten Horden in seinem Lande tatenlos zu. Seine Beschwerden bei Wallenstein und dem Kaiser verhalten trotz aller Bemühungen ungehört. Die Anklagen gegen Görzenich und Freysing hagelten förmlich auf den Feldherrn und den Kaiser nieder. Endlich war es ihnen doch zu viel. Wallenstein und der Kaiser beschlossen im September 1626, Görzenich fallen zu lassen und gaben den Befehl, ihn in keinem Lande mehr zu dulden. Daraufhin war er im September 1626 abgezogen, kehrte aber schon am 6. Oktober 1626 wieder nach Idstein zurück, weil ihm überall der Durchzug verweigert wurde. Er blieb erneut bis 21. Oktober und erpresste in den 15 Tagen 10.570 Reichstaler und 12 Pferde. Überall ließ er plündern und befahl, sogar die Kirchen nicht zu schonen.

Derselbe Görzenich wurde 1627 erneut zur Werbung nach Idstein beordert und Herzog Maximilian von Bayern beauftragt, in besonders zu schützen. Nun begannen die Bedrückungen des verflossenen Jahres von neuem. Eine Anzahl Einwohner wurden als Geißeln verhaftet und in Idstein bewacht. Sie wurden ständig mit dem Tode bedroht und hatten furchtbare Misshandlungen auszustehen. Erneut erhob Graf Ludwig bei Kaiser seine Stimme und berichtete Görzenichs Gräueltaten. Anfänglich weigerte sich der Kaiser, irgendetwas zu unternehmen. Endlich, am 3. Mai 1627, setzte er eine Kommission ein, die eine bessere Verteilung der Quartiere, bessere Versorgung der Soldaten und eine Erleichterung der Bürger und Bauern anstreben sollte. Die Kommission bestand aus dem Landgrafen Georg von Hessen und dem Nassauischen Grafen Ludwig. Görzenich kümmerte sich um die kaiserlichen Maßnahmen überhaupt nicht. Sein Befehlshaber war Wallenstein, und dieser hatte ihm noch keine anderen Verhaltensmaßregeln zugehen lassen. Er hauste nach wie vor nach eigenem Belieben in Idstein, wie es Graf Freysing in Wehen tat. Daraufhin erhoben außer dem Grafen Ludwig auch die katholischen Kurfürsten und Erzbischöfe von Mainz und Trier bei Wallenstein bittere Anklage. Erst jetzt ließ sich der kaiserliche Feldherr bereden, eine Anweisung an Görzenich ergehen zu lassen, wonach Offiziere und Soldaten im Zaum gehalten werden sollten. Görzenich verließ daher vorübergehend seien Standort, zog durch den Westerwald an den Rhein und kehrte über Wiesbaden zurück. Im August überschritt er die Höhe und die Rentmauer (Wallanlage auf dem Hansenberg, östlich von Mengerskirchen) und marschierte wieder nach Idstein. Auf diesem Zuge ließ er seinen Soldaten so recht die Zügel schießen, so dass eine Besserung in ihrem Verhalten nicht feststellbar war. Die Grausamkeiten mehrten sich von Tag zu Tag. Da erschien auf kaiserlichen Befehl der Kaiserliche Kommissar und Notarus aus Frankfurt am Main in Görzenischs Lager, besichtigte die neu geworbenen Regimenter und schickte sie unter Görzenischs Führung nach Holstein in Hauptquartier Wallensteins. Ende August rückten die Blutsauger endgültig aus Wehen und Idstein ab. Die Geißeln wurden mit fortgeführt und erst in Fulda gegen ein Lösegeld von 5.000 Reichstalern losgelassen. In Wehen stahl er vor dem Abmarsch noch 34 Pferde samt dem Geschirr im Wert von 1.400 Reichstaler.

Damit beim Abzug keine Exzesse statt fänden, ritt Graf Ludwig den einzelnen Regimentern entgegen und bat für seine Untertanen um Rücksicht. Graf Ludwig kam damals tagelang trotz schwerer Krankheit nicht vom Pferde. Noch im selben Jahr starb er an den Überanstrengungen, di er für das Wohl seiner Untertanen auf sich genommen hatte.  

Bis zur endgültigen Teilung seiner Länder unter seinen Söhnen lag die Verwaltung seines Landes in den Händen der Beamten. Es ging dabei nicht immer so zu, wie es in diesen Zeiten an der Ordnung gewesen wäre. Die oberen Beamten kamen zwar recht oft zu Beratungen, zechten aber dabei auf Kosten der Landesbewohner und verbrauchten unnützerweise den letzten Notpfennig. Bei hereinbrechender Gefahr brachten sie sich zuerst in Sicherheit und erschienen erst wieder, wenn den Untertanen die Haut vom Kopfe gezogen war. Mit den Offizieren standen sie auf freundschaftlichem Fuße, erschienen bei deren Saufgelagen und Hasardspielen, fuhren mit ihnen in den Kutschen, als ob das Volk in Saus und Braus lebte. Si geschah es in Idstein und Wiesbaden. Von den Wehener Beamten ist in dieser Beziehung nur das Beste zu berichten. Sie versuchten stets, die ankommenden Soldaten milde zu stimmen, wenn sie auch wenig oder ganr nichts erreichten. 

Görzenich der abgezogen war, stand beim Kaiser und Wallenstein unter schwersten Anklagen. Besonders missfiel Wallenstein dessen ungehorsamen militärischen Befehle gegenüber der Bevölkerung. Wallenstein befahl deshalb, den Menschenschinder bei seiner Ankunft im Rendsburger Lager sofort zu verhaften. Wegen der verübten Gräuel und seines Ungehorsams wurde er dort am 9. Oktober 1627 vor ein Standgericht gestellt, das ihn zum Tode verurteilte. Das Urteil wurde am 14. Oktober im Lager vollstreckt. Görzenich wurde mit dem Schwerte enthauptet, sein Körper auf das Rad geflochten und sein Kopf auf einer Stange zur Warnung für alle im Lager aufgesteckt. Oberst Leo Capello de Medici wurde der Befehlshaber der Görzenicher Regimenter.

Der ausgesaugte Wehener Grund sah im Jahre 1626 seine Leiden noch vermehrt durch eine schlechte Ernte. Die wenigen Feldfrüchte waren sogar stark der Fäulnis unterworfen, so dass der Ausblick auf die Zukunft sehr zu wünschen übrig ließ. Noch wütete unter Wehens Einwohnern die pest. Die Hauptsache aber war der Abzug der Wallensteiner. Die Elisabeth Gräfin von Nassau-Saarbrücken (1579-1655) und der ganze Wehener Grund atmeten auf. Es hieß jetzt, die Kriegsschäden so schnell als möglich zu beseitigen. Die Häuser wurden notdürftig repariert und das Rathaus wieder in Ordnung gebracht. Der Wingsbacher Schreiber Johannes lieferte noch 1627 neue Balken in das Wehener Schulhaus, für die er zweiundzwanzig Gulden erhielt. Jetzt konnte der Unterricht, der wegen der Wallensteiner Besetzung zwei Jahre ausgesetzt werden musste, durch Kaplan Völcker wieder aufgenommen werden. Die Unsicherheit im Taunus hatte durch den Abzug der Wallensteiner nicht abgenommen. Allein konnte sich niemand auf das Feld wagen. Nicht nur hungrige Wölfe, sondern hauptsächlich die Überfälle durch Räuberbanden, versprengte Soldaten, waren ständig zu befürchten. Aber auch Flüchtlinge auch Flüchtlinge aus allen Herrn Länder irren durch die Wälder und Dörfer. Teils waren sie von den Soldaten vertrieben oder vor ihnen geflüchtet, oder sie befürchteten, an der Pest sterben zu müssen und hatten in ihrer Angst vor dieser tückischen Krankheit ihre Heimat verlassen. Bettelnde Kinder, die auf der Flucht auf irgendeine Weise ihre Eltern verloren hatten, irrten verelendet, in Lumpen gehüllt, den Tod im Nacken sitzend durch den Wehener Grund und erflehten die Hilfe ihrer Mitmenschen. Sie sangen vor den Türen, wie einst der kleine Luther, um ihr Brot. Nach den Aufzeichnungen des Wehener Pfarrers waren viele dieser Flüchtlinge und Kinder aus Holland, wo sie von den Spaniern vertrieben worden waren. Die meisten sahen ihre Heimat nie wieder. Genau wie diese Flüchtlinge zogen auch viele Bewohner des Wehener Grundes, vor den Gräueln der Besatzung dich fürchtend, die Flucht ins Ungewisse vor. Ihnen erging es unterwegs genauso wie ihren Leidensgenossen, die nach Wehen kamen.

Es war insofern, weil der Wehener Grund keine Besatzung zu ertragen hatte. Das einzige, was an die überwundenen Schrecken erinnerte, war die Nachricht, dass Graf Tilly in Wiesbaden weilte und Ende Juni seinen Kuraufenthalt nach Bad Schwalbach verlegte. Schlimm war das Jahr 1628, weil sämtliche Feldfrüchte missrieten. Im Wehener Grund stand eine große Hungersnot bevor, zumal die vorjährige Ernte größtenteils verfault war. Man wusste nicht mehr, wovon man Brot backen sollte. Gemahlene Eicheln, Hanfkörner und Wurzeln wurden gemischt und verbacken. Gefallenes Vieh, Ratten, Mäuse, Hunde und Katzen waren Leckerbissen. Viele Einwohner des Wehener Grundes verließen Haus und Hof und zogen nach Frankfurt, wo es genügend Lebensmittel gab. Ihre Liegenschaften ließen sie im Stich. Niemand begehrte sie zu kaufen. Bald stellte sich der Hungertyphus und die Pest in verstärktem Maße ein. Es waren furchtbare Zeiten zu erwarten. Wer konnte, der flüchtete, ganz einerlei, wo er hin kam und wie es ihm erging. Schlimmer wie in der Heimat konnte es sonst wo auch nicht sein. In jedem Haus lagen Pestkranke.

Allgemein war im Wehener Grund der Glaube verbreitet, all dieses Elend sei von den Hexen verursacht worden. Das in Idstein tagende Hexengericht hatte alle Hände voll zu tun. Dieser Hexenwahn war durch die überspitzte Fantasie der aufs Blut gemarterten Grundbewohner so übersteigert, dass er weder zuvor, noch nachher in dieser übertriebenen Form auftauchte. Die Hexenprozesse begannen 1929 und dauerten bis 1932.

Im ganzen Nassauer Land wurden damals die unschuldigen Menschen verbrannt und dadurch das Elend noch vergrößert. Der Hexenglaube erhielt erst einen Empfindlichen Stoß durch die Schweden. Sie kannten solchen Unsinn nicht und unterdrückten die ungerechten Verfolgungen. Dadurch, dass auch hoch und höchst gestellte Personen als Hexen verdächtigt wurden, erfolge eine langsame Einstellung der Prozesse. Durch das Glück der schwedischen Waffen war auch die Fantasie der Bevölkerung auf andere Dinge gelenkt worden. Allmählich dachte man über die Geistesverwirrung der Zeit anders und verhehlt sich nicht, dass Manchem großes Unrecht geschehen war.

Wohl war in diesem Jahre keine Besatzung zu ertragen, aber die ganze Gegend wurde durch umherschweifende Reiterhorden beängstigt, die nicht nur jeden überfielen, sondern auch in den Dörfern, in denen sie noch irgendeine Beute witterten, die reinsten Plünderungen veranstalteten und dabei Häuser und Hilfe in Flammen aufgehen ließen.

War schon das Jahr 1628 ein Jahr der Missernte, so ist das noch in erhöhtem Maß vom Jahr 1629 zu sagen. Schon aus diesem Grund wurde der ganze Taunus von Besatzungen gemieden. Nur Wiesbaden sah noch im Mai die Horden Caraffas und Calaltos, die aber nicht vorfanden und "die undankbare Gegend" bald verließen.

In diesem Jahr teilten die vier Brüder von Wilhelm Ludwig Graf von Nassau-Saarbrücken (1590-1640) endgültig des Vaters Erbe. Der Wehener Grund kam mit den Herrschaften Wiesbaden, Idstein, Adolfseck, Burgschwalbach und Miehlen an den Johann Graf von Nassau Idstein (1603-1677). Er residierte in Idstein. Der Wehener Grund war ihm wohl auch zugefallen, nahm aber gegenüber den anderen Landesteilen eine selbständige Stellung ein, weil dieses Gebiet zum Witwensitz der Elisabeth Gräfin von Nassau-Saarbrücken (1579-1655) bestimmt war und die Einkünfte desselben der Gräfin Witwe zustanden, der auch die Verwaltung des Bezirks oblag. Wie wohnte schon seit 1602 im Wehener Schloß, in dem auch die Gesamtverwaltung ihres Wittums untergebracht war.

Trotz der Hungersnot kamen im Wehener Grund in diesem Jahre nicht so viel Leute ums Leben, als in den Zeiten der Besatzung. Viele Verließen die Heimat, um nicht Hungers zu sterben. Doch auch eine Flucht war gefährlich, denn noch nie war die Unsicherheit im Taunus so groß wie in diesem Jahr, Felder und Wälder wurden ständig von umherschweifenden wallensteinischen Reitern unsicher gemacht. Sie machen Jagd auf Beute und auf die Bauern. Wer ihnen in die Finger fiel, starb meist eines schrecklichen Todes. In keinem Jahr vorher waren so viele Überfälle auf Männer, Frauen und Kinder zu verzeichnen wie 1629. Dadurch war auch eine geregelte Feldbestellung fast unmöglich geworden. Die Aussichten für das kommende Jahr waren denkbar schlecht. Ein Glück, dass gegen Ende des Jahres die Unsicherheit merklich abnahm. Die Friedländer hatten anscheinend festgestellt, dass in diese Verwüstung nichts mehr zu holen war und stellten daher ihre Suchaktionen von selbst ein. Das bewog viele geflohene Bewohner des Wehener Grundes, so um die Weihnachtszeit wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Da es bald allgemein bekannt wurde, dass der Wehener Grund und das Idsteiner Land erstens frei von Besatzung waren und zweitens die Reiterstreifen aufhörten, gab es eine große Zahl anderwärts geflüchteter Menschen, die den Hunger in Kauf nehmen wollten, wenn sie nur endlich einmal ihres Lebens sicher waren. Sie flüchteten in den Wehener Grund und ließen sich in einem der Grundorte nieder. Die Einwohnerzahl der Grundorte stieg somit wieder an.

Die Jahre 1630 - 1635

Da es ruhig blieb, erholte sich die Bevölkerung in Wehen im neuen Jahr sichtlich. Das war umso leichter der Fall, weil die Ernte überaus gut ausfiel. wer von den Flüchtlingen noch lebte und zurückkehren konnte, suchte die Heimat wieder auf. Eine Zählung in den Grundorten ergab folgendes. Im Wehener Grund lebten
  • Wehen: 66 Familien mit 120 Kindern
  • Bleidenstadt: 32 Familien mit 70 Kindern
  • Born: 24 Familien mit 48 Kindern
  • Hahn: 22 Familien mit 48 Kindern
  • Orlen: 22 Familien mit 88 Kindern
  • Seitzenhahn: 12 Familien mit 22 Kindern
  • Wingsbach: 26 Familien mit 73 Kindern
Das waren im ganzen Wehener Grund 204 Familien mit 469 Kindern.

Durch die gute Ernte waren bald alle ausgestandene Not und alles Elend der vergangenen Jahre vergessen. Man war glücklich, sich wieder in aller Ruhe einmal satt essen zu können. Auffällig waren für den Wehener Grund die vielen Gewitter, die auch Schaden anrichteten. Besonders groß waren die Schäden durch Hagelschlag. Es dauerte zwar meist nicht lange, war aber umso heftiger. Es zerschlug neben Fensterscheiben und Dächern auch einen Teil der Ernte.

Johann Graf von Nassau-Idstein (1603-1677) konnte die Schäden, die der Krieg seinem Lande verursacht hatte, überschauen. Dabei stellte er fest, dass von allen Bewohnern, die Lehrer und Rektoren wegen ihres protestantischen Glaubens besonders schwer zu leiden hatten. Deshalb ordnete er an, dass als Entschädigung der besonderen Lasten und der besonderen Verfolgung durch die katholischen Truppen den Geistlichen und Lehrern künftig alle Kontributionen zu ersparen seien. Sie seien immer davon zu befreien und zwar nicht nur um Dienst- sondern auch von ihrem Privateigentum. Auch sollten sie von allen Einlagerungen und Einquartierungen für immer befreit sein.

Am 24. Juni 1630 erschien der Schwedenkönig Gustav Adolf mit seinem Heer in Norddeutschland, um angeblich den Protestanten beizustehen. Das Kriegsinteresse und die Kriegsereignisse spielten sich in Norddeutschland ab. Der Wehener Grund blieb frei. Der Sieg der Schweden über Tilly am 17. September 1630 in Breitenfeld verhalf den fremden Protestanten zum Siegeszug durch ganz Deutschland. Sie trieben die Scharen Tillys dem Main und Rhein zu. In Mainz und Wiesbaden versuchten sich die Ligisten festzusetzen. Dort zurückgebliebene Ligatruppen organisierten den Widerstand. der in Wiesbaden liegende ligistische Generalleutnant von Eckstädt hatte Weisung erhalten, Kriegskontributionen aus Nassau einzuziehen.

Es war das Jahr, in dem die Ligisten nach Mainz zurückfluteten. Die Kriegskontributionen, die von Eckstädt ab 1. November regelrecht einziehen und die monatlich 2.000 Gulden hoch sein sollten, wurden diesmal nicht entrichtet, denn kaum hatte Eckstädt auch im Wehener Grund bekannt gemacht, dass die Lieferungen nach Wiesbaden zu erfolgen hätten, da zog Gustav Adolf mit seinem Heer in Frankfurt ein. Von Eckstädt ergriff daraufhin sofort die Flucht und eilte in die Festung Mainz. Was da im Wehener Grund erspart wurde, das ging bei der Plünderung durch die Tillyschen Scharen verloren. Sie raubten und plünderten, wohin sie kamen. Besonders roh und verabscheuungswürdig benahmen sie sich in Neuhof.

Die Schweden, die den Flüchtenden auf dem Fuße folgten, vereinigten ihr Heer bei Höchst mit dem Heer des Landgrafen von Hessen, Wilhelm von Hessen-Kassel. Am 1. Dezember 1631 rückte Gustav Adolf von Frankfurt kommend gegen Mainz vor und überschritt den Rhein bei Oppenheim. Mainz geriet in die Hände der Schweden. Um die Festung gegen Angriffe widerstandsfähiger zu machen, legten die Schweden Festungswerke an der Gustavsburg an, die sie nach ihrem König benannten. Dazu brauchten sie Holz, das von Wiesbaden, Wehen und Idstein geliefert werden musste. Der ganze Taunus, die Rhein- und Mainebene waren von den Schweden besetzt.

Das Stift Bleidenstadt verfiel der schwedischen Okkupation. Die Einkünfte desselben flossen in die schwedischen Kriegskassen. Die alte erwürdige Stiftskirche wurde ein Raub der Flammen. Allerdings wurde die Stiftskirche nicht von den Schweden zerstört, sondern das Feuer wurde durch einen Bleidenstädter Einwohner verursacht. Der Dechant und die Stiftsinsassen mussten hals über Kopf flüchten. Sie fanden in Mainz Zuflucht. Dort sind sie seitdem geblieben und lebten bis 1801 im Albanstift, vereint mit dessen Insassen. Der katholische Gottesdienst in Bleidenstadt wurde von den Schweden verboten. erst nach ihrem Abzug wurde in Dechaneisaal wieder eine Wochenmesse eingerichtet.

Die Bewohner des Wehener Grundes atmeten auf, als die evangelischen Schweden in den Ortschaften einzogen. Sie benahmen sich mustergültig und wurden von den Landbewohnern gern und freundlich mit allem versehen. Es gab in einem Vierteljahr weniger Exzesse als bei den Ligisten und Friedländern an einem Tag. Ohne Fronden ging es natürlich nicht ab. Die Holzfällungen, Palisadenlieferungen, die Schanzarbeiten, die Bereitstellung von Pferden und Wagen beim Bau von Gustavsburg mussten hingenommen werden. Das friedliche Zusammenleben mit den Schweden war hauptsächlich dadurch bedingt, dass die Grundbewohner die Wünsche der Soldaten infolge einer ausgezeichneten Ernte voll befriedigen konnten. denn das Jahr 1631 war sehr fruchtbar.

Johann Graf von Nassau-Idstein (1603-1677) berief beim Erscheinen der Schweden sofort die gesamte Landwehr zu häufigen Übungen. Er gab seine Neutralität, die ihn bisher gar nicht nutzte, zu Gunsten der siegreichen Schweden auf. Die entschiedene Hinneigung der nassauischen Grafen zur evangelischen Sache ist au den Einfluss ihrer Frauen zurückzuführen. Johann Graf von Nassau-Idstein hatte sich mit einer Prinzessin aus dem Hause Baden-Durlach verheiratet. Sie war eine gebildete, mutige Frau und eifrige Protestantin, die die Sache der Protestanten wie ihr Vater, Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durchlach, mit Entschiedenheit verfochten haben wollte. Den selben Einfluss übe ihre Schwester, die Gemahlin Wilhelm Ludwigs, auf ihren Mann aus. Der schwedische Sieger war ihre Bundesgenosse, so dass sich bei Grafen entschlossen, ihre Neutralität zu Gunsten der Evangelischen aufzugeben. Fast alle Wetterauer und Nassauer Grafen traten in schwedische Dienste.

Wenn auch die Schweden und die Bewohner des Wehener Grundes friedlich zusammenlebten, sah es doch im Oberen Aartal nicht rosig aus. Die zurückgefluteten Ligisten waren an der Pest erkrankt und ließen die schlimme Krankheit im Taunus zurück. Auch im Wehener Grund fasste die Krankheit Fuß. Gut die Hälfte aller Wehener Einwohner erlag der tückischen Krankheit.

Im Februar 1632 schlossen sämtliche Grafen der Wetterau und Nassau einen Vertrag mit Schweden, nach dem sie so lange, wie der Krieg dauere, Verbündete der Schweden bleiben wollten. Sie verpflichteten sich, dem schwedischen Kommissar zu Frankfurt am Main vom 1. Dezember 1631 ab gerechnet monatlich zusammen 13 Römerzüge (lat. Expedition Romana = Reichssteuer, Reichs-, Lehn- oder Ritterdienste) oder 91.998 Reichstaler in bar zu entrichten.

Im März 1632 verließen die Schweden den Wehener Grund. Der Haupttrupp wandte sich nach Süddeutschland gegen Tilly, der besiegt wurde und an einer Verwundung starb. Gustav Adolf wandte ich wieder dem neu aufgetauchten wallensteinischen Heer zu, das bei Nürnberg lagerte, zog dann ab nach Sachsen und fiel in der Schlacht bei Lützen im Jahre 1632. An des Königs Stelle führte nun der schwedische Kanzler Axel Oxenstierna (1583-1654) den Krieg fort.

Nach dem Abzug der Schweden aus dem Wehener Grund drohte unserer Heimat die Besetzung durch die Kaiserlichen. General Pappenheim kam im Jahre 1632 von Westfalen. Ganz Nassau wurde alarmiert. Im Wehener Grund herrschte furchtbare Aufregung und Angst.

Im Mai hatten die Spanier Koblenz besetzt. Der schwedische General Horn und ein Teil des jungen nassauischen Ausschusses unter Johann von Idstein wurden zur Rückeroberung dorthin entsandt. Unter den Soldaten befanden sich sehr viele junge Männer aus Wehen und Umgebung. Sie nahmen Koblenz und Ehrenbreitstein ein, überließen es aber den Franzosen, die sich mit den Schweden verbündet hatten.

Der kaiserliche Generalmajor von Benninghausen war im Oktober 1633 an der Nassau-Siegener Grenze erschienen, um in Nassau einzufallen. Im Wehener Grund bemächtigte sich der Bevölkerung große Angst, denn Benninghausen war bekannt als schlimmer Menschenschinder. Wo er hin kam, ließ er eine Wüste zurück. Die zur Abwehr geschickten Schweden waren zu schwach, da die Kaiserlichen durch Spanier verstärkt waren. Erst mit Hilfe eines von Graf Johann geführten Heeres von 1.200 Mann, konnten die Kaiserlichen Truppen zurückgeschlagen werden.

Am 5. und 6. September 1634 fand die große Entscheidungsschlacht bei Nördlingen statt. Die Schweden und Protestanten verloren sie. Große Scharen von Schweden flüchteten nach Mainz. Dabei zogen die Flüchtenden scharenweise durch den Wehener Grund. Fürchtete der Grundbewohner schon die Schweden, so stieg die Angst ins Riesenhafte, als die katholischen Kaiserlichen nachdrängten. Graf Johann, der nichts Gutes ahnte, rettete schnell am 16. September seine Archive nach Frankfurt am Main. In Wehen verließ Elisabeth Grafin von Nassau-Saarbrücken (1579-1655), Tochter des Landgrafen Ludwig von Darmstadt, ihren Wohnsitz und eilte zu ihrem Bruder, dem Landgrafen Philipp in Butzbach. Viele Einwohner Wehens flohen nach allen Richtungen, Manche wurden bis nach Holland, Hamburg, Frankreich und die Schweiz verschlagen. Graf Johann hatte seine Familie nach Kirchheim in Sicherheit gebracht. Für Fürst und Volk war durch die Aufgabe der Neutralität zu Gunsten der Schweden von den nachdrängenden spanischen Truppen des Infanten nicht Gutes zu erwarten. Die zurückgefluteten Schweden benahmen sich den Zurückgebliebenen gegenüber wie das "wilde Vieh". Die Offiziere waren machtlos. der Weg der Schweden war gekennzeichnet durch Raub, Mord und Plünderung. Die Soldaten drohten ihren Offizieren mit Gehorsamsverweigerung, wenn sie nicht das geforderte Geld erhielten. Deshalb forderte der Schwedische Kanzler Axel Oxenstierna (1583-1654) immer größere Geldsummen von Johann von Nassau. Aber in seinem Lande war kaum noch jemand, der auch nur einen Gulden zahlen konnte.

Im November 1634 rückten Graf Philipp von Mansfeld mit 15.000 kaiserlichen über den Westerwald vor. Ihm zur Seite stand der ligistische Generalmajor Benninghausen. Der von den schwedischen Truppen bereits geplünderte Wehener Grund wurde von den Truppen des Generalmajors Benninghausen, der Wehen, Idstein und Wiesbaden besetzt hatte, erneut geplündert und verwüstet. Im Wehener Grund brachen erneut Hungertyphus und Pest aus.

Durch den Prager Friedensschluss 1635 wurden alle Mitglieder des Consilium fermatum geächtet und ihre Länder verlustig erklärt. So kam es, dass auch Johann Graf von Nassau-Idstein 81603-1677) mit dem schwedischen Heer fliehen musste, um im Exil zu leben. Sein Land kam nach dem Abzug der Schweden unter kaiserliches Sequester und wurde einstweilen provisorisch verwaltet. Anfang November kam der kaiserliche Oberkommissar, Bertram von Sturm nach Wiesbaden, Idstein und Wehen und erklärte sämtliche Gebiete als kaiserliches Sequester.

Wehen zählt zu dieser zeit nur noch 5 Einwohner. So verderblich hatten Soldaten und Pest gewütet. Nachdem der Cardinal Infant Don Fernando mit seinen Truppen Wehen besetzt hatte, war es mit den Plünderungen aber immer noch nicht vorbei. Wehen mit seinen 5 Einwohnern war ein evangelisches Städtchen und die katholischen Truppen sahen keinen Grund zur Rücksichtnahme.

Nur sehr langsam kehrten die geflohenen Einwohner in den Wehener Grund zurück und versuchten mit den einfachsten Mitteln den durch Krieg vernichteten Felder wieder zu bestellen.

Die Mehrzahl der Einwohner war von Krankheit (überwiegend Pest) gekennzeichnet und selbst um die geringe Ernte musste gezittert werden, kamen doch immer wieder zu kleinen Plünderungen.
 

Die Jahre 1636 - 1643

Der gesamte Wehener Grund und das Oberamt Idstein gleichen einer Wüste.. Kaum ein anderes Land musste unter dem Dreißigjährigen Krieg so leiden, wie diese Gegen. Sogar Soldaten machten einen großen Bogen um den Wehener Grund.

Die verbliebene Bevölkerung war überwiegend krank, die Felder verwüstet und die Wälder waren für Befestigungsbauten und sonstiges gerodet. Infolge Mangels von Saatgut (auch weil kein Geld für den Ankauf da war) musste 1638 und 1639 die Aussaat unterblieben, was die Hungersnot nur noch verschlimmerte. Einige früher Geflohene, die die Rückkehr gewagt hatten, verließen erneut den Wehener Grund.
In der Zwischenzeit hatte sich Nassau-Idstein an Amalie von Hessen angeschlossen. Die Nassauer mussten aber dafür als Preis monatlich 900 Reichstaler zahlen. Die Zeiten wurden zwar etwas sicherer. Allerdings waren in Hofheim 1.200 bayerische Reiter stationiert, di immer wieder Plünderungszüge in den Taunus unternahmen.

Ende November 1644 war Wehen an der Reihe. bei einer dieser Plünderungen brach in einer Scheune Feuer aus, das sich innerhalb kürzester Zeit auf ganz Wehen ausbreitete und fast gänzlich vernichtete.

Die letzten Kriegsjahre

Von 1644 an war der ganze Wehener Grund zeitweilig menschenleer. erst ab 1645 kamen wieder einige Flüchtlinge zurück. 1647 zählte Wehen 12 Einwohner. Grund und Boden waren fest wertlos geworden. Selbst zu geringsten Preisen fanden sich keine Käufer. es Herrschte fast überall Hungersnot. Die wenigen verarmten Rückkehrer mussten während der Jahre 1646-1647 ihre Lieferungen anfänglich für die Franzosen, später für die Kurhessen nach Friedberg und Reichenberg abführen. Kaum war eine Lieferung erbracht, wurde schon die nächste bekannt gemacht. Die Leute wussten nicht wo sie alles hernehmen sollten. Alles Bitten um erlass oder Minderung der Lieferungen blieb ohne Erfolg. Mit äußerster Schärfe und Härte wurde das Geforderte mit Gewalt eingetrieben.

Als Erzherzog Leopold Wilhelm 1645/56 durch sein Vordringen in die nassauischen gebiete die Verbündeten von Süddeutschland abzuwenden suchte, fand man im Wehener Grund nur noch Ruinen ehemaliger menschlicher Siedlungen. Von des Erzherzogs Hauptquartier in Dehrn an der Lahn wird berichtet, dass er aus Mangel an Häusern ein Feldlager aufschlagen musste. Seine Soldaten machten den ganzen Taunus und Westerwald unsicher und suchten Beute zu machten. So schlimm hatte es um den Wehener Grund noch niemals ausgesehen. Was noch nicht verbrannt war, wurde von den Soldaten an Ort und Stelle eingeäschert. Es sah im Wehener Grund so öde und traurig aus, dass niemand mehr die Möglichkeit sah, sich da noch einmal seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Die wenigen in Wehen noch lebenden Menschen ließen alles im Stich und flüchteten. Alle Akten über Gerechtigkeiten, Zinsen, Gütern, Fronden und andere Abgaben, auch Eigentumsansprüche waren vernichtet. Auf den Häusertrümmern wurden Bäume und Sträucher.

In dieser Zeit, 1646, erhielt Johann Graf von Nassau-Idstein (1603-1677) sein Land zurück. Frankreich und Schweden waren bei den Friedensverhandlungen seine mächtigen Fürsprecher gewesen. Sein Land wurde ihm nicht offziell zurückerstattet, er besetzt es einfach durch seinen Amtmann von Schmittburg von Wiesbaden. Der Kaiser ließ ihn ruhig gewähren. Das Land war so gut wie wertlos. Von Untertanen war kaum noch eine Spur vorhanden. Aber der Graf kam mit der Absicht, sein furchtbar zerschlagenes Land wieder aufzubauen und seinen wenigen Untertanen die Leiden des Krieges erträglich zu gestalten.

Da kam das Jahr 1648 und mit ihm der ersehnte Frieden. Als diese Nachricht das Land durcheilte, atmete die verzweifelte Bevölkerung wieder auf. erst sehr langsam kehrten Flüchtlinge zurück, hatten sie doch allen Grund, der neuen Situation misstrauisch gegenüber zu stehen. Zu oft wurden sie durch erneute Plünderungen überrascht.

Die Aufbaumaßnahmen der Regierung nach dem Kriegsende

Nach dem Krieg gab es in Wehen nur noch 5 Einwohner, andere Dörfer wie Engenhahn, Königshofen und Niedernhausen waren nach dem Kriegsende ohne Einwohner. Ähnlich dürfte es in Hahn ausgesehen haben.

Die Nassauer siedelten in dieser Zeit Einwohner aus Belgien, vorwiegend Lüttich und Umgebung an. Allmählich stieg die Einwohnerzahl wie an.

1650 zählte man in Hahn 7 Familien. In anderen Orten waren es:
  • Wehen 8 Familien
  • Orlen 7 Familien
  • Seitzenhahn 5 Familien
  • Wingsbach 3 Familen
  • Bleidenstadt 6 Familien
  • Bleidenstadt 6 Familien